Kleinlautes Abrücken von der BDA

Sekt und Schnittchen gab es diesmal nicht, stattdessen eine schmallippige Presseerklärung, die mit ganzen drei Sätzen wohl zu den kürzesten der Welt gehört: Anfang Juni kündigte der DGB-Vorstand das Joint-Venture mit der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) zur Knebelung des Streikrechts auf. Auslöser für diesen Beschluss war u.a. die Entscheidung des ver.di-Gewerkschaftsrats von Ende Mai, die „Tarifeinheitsinitiative“ nicht länger mitzutragen. Die Dienstleistungsgewerkschaft hatte zu den Initiatoren des arbeitnehmerfeindlichen Vorstoßes gehört, lenkte nun aber ein, nachdem klar geworden war, dass ein Festhalten an der Initiative auf dem ver.di-Kongress im September 2011 zum politischen Fiasko des Vorstands werden würde.

Ein Jahr lang hatten Unternehmer- und DGB-Verbände für eine gesetzliche Einschränkung des Streikrechts abhängig Beschäftigter und kleiner Gewerkschaften zugunsten der großen „Mehrheitsgewerkschaften“ getrommelt. An die „Friedenspflicht“ sollten nicht nur die vertragsschließende, sondern auch alle anderen Gewerkschaften gebunden sein. Der Vorstoß zielte vor allem auf die Berufs- und Spartengewerkschaften, hätte aber auch die Branchengewerkschaften der FAU getroffen. Deshalb wandte sich die anarchosyndikalistische Gewerkschaftsföderation unter dem Motto „Finger weg vom Streikrecht!“ gegen die Arbeitsfront der Spitzenverbände. Grundsätzlich hat eine Gewerkschaft an der Seite der Beschäftigten und der Belegschaften zu stehen, nicht an der Seite der Bosse.

In der Debatte um die „Tarifeinheit“ geht es nicht nur um die Tarifvielfalt, sondern um das unveräußerliche Recht der Beschäftigten, für ihre Belange aktiv zu werden und auch zu kämpfen. Das Auseinanderfallen der DGB/BDA-Initiative ist hier nur ein Etappensieg. Interessierte Kreise aus Politik und Wirtschaft diskutieren weiter Mittel und Wege, das Streikrecht einzuschränken – etwa durch obligatorische Schlichtungsverfahren. Es sind also weitere Angriffe zu erwarten, und das obwohl Deutschland in Bezug auf Gewerkschaftsfreiheit schon jetzt nur Entwicklungsland ist.

Im Zuge dieser Auseinandersetzungen wird sich die FAU, das beschloss der FAU-Kongress 2011, verstärkt für ein uneingeschränktes Streikrecht einsetzen. Das Recht auf Arbeitsverweigerung ist Teil der persönlichen Selbstbestimmung und daher als ein grundlegendes Menschenrecht aufzufassen, auch wenn es effektiv nur kollektiv ausgeübt werden kann. Ein echtes Recht auf Streik darf nicht auf tarifliche Auseinandersetzungen beschränkt sein, sondern muss auch so genannte politische Streiks einschließen. Es bedeutet nicht nur volle Aktionsfreiheit für Gewerkschaften, sondern auch: Unantastbares Recht auf Streik für alle Beschäftigten selbst, egal ob und wo sie gewerkschaftlich organisiert sind. Dass eine solche „Steilvorlage“ für Arbeitskämpfe noch kein Garant für die Wahrung der Arbeiterinteressen ist, sieht man im europäischen Umland. Dass sie dennoch notwendig ist, verdeutlicht die Reallohnentwicklung der letzten zehn Jahre.

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