Bologna: Ende ohne Ende

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Die Bologna-Reform ist gescheitert. Das hat inzwischen auch der letzte begriffen. Welche Konsequenzen aber aus diesem Scheitern zu ziehen sind, darüber herrscht Uneinigkeit. So erfreulich es ist, dass Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), öffentlich eine vernichtende Bilanz der Reform zieht – auch er möchte sie nicht abschaffen, sondern „das bestehende System optimieren“ (SZ). Das bedeutet: Keine Abkehr von Modularisierung und Bürokratisierung, kein Ende des Leistungsdumpings, der Überschleunigung und Verschulung, und vor allem kein Erwachen aus dem technokratischen Albtraum, Ausbildung – oder gar Bildung! – ließen sich quasi-industriell, durch das Verabreichen standardisierter „Kompetenz-Häppchen“ realisieren. Nachdem die Studierendenproteste 2009 die Bologna-Architektur gehörig ins Wanken gebracht hatten, versammelten sich die Kultusminister der EU demonstrativ zu einem Sektempfang in Wien, um die „Erfolge der Reform“ zu feiern. Selbst, wenn heute nur noch Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) solchen Unsinn von sich gibt: Die Politik des „Keiner will’s gewesen sein“ ist mitverantwortlich dafür, dass eine wirkliche Abkehr von Bologna nicht in Sicht ist. Stattdessen wird im Jahrestakt eine neue Studienordnung verabschiedet, wird der Überbürokratisierung mit bürokratischen Mitteln begegnet und verschwinden Hausarbeiten und sogar die Anwesenheit aus den Leistungsanforderungen für Seminare. Alles, um das „bestehende System zu optimieren“. Dieses System ist aber nicht zu optimieren. Es ist zutiefst verfehlt, und seine Implementierung hatte nicht wenig zu tun mit jenem Abbau demokratischer Mitbestimmungsrechte, der US-amerikanische Soziologen schon von „post-demokratischen Gesellschaften“ sprechen lässt. Die Fähigkeit zu nüchterner, eigenständiger und informierter Meinungsfindung ist eine Grundvoraussetzung für friedliches Zusammenleben; eine Tugend, die in Zeiten von Bologna schon fast im Ruch der Subversion steht.

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