Der große Bruder schaut dich an

logo_grosser_bruder.jpg BRD: Erneuter Datenangriff bei der „Deutschen Bahn“

Die „Deutsche Bahn“ kommt im Zusammenhang mit Datenmissbrauch nicht zur Ruhe. Nachdem wir vor einiger Zeit darüber berichteten, dass unter dem Vorwand der Korruptionsbekämpfung über lange Zeiträume MitarbeiterInnen systematisch bespitzelt und ausgeforscht wurden, gelangte Anfang August ein weiterer Komplex von systematischem Datenmissbrauch an die Öffentlichkeit. Betroffen ist im aktuellen Fall die Tochterfirma „DB Sicherheit“. Diese ist u.a. für die Bewachung der Bahnhöfe und die Sicherheit in den Zügen verantwortlich, war aber auch bereits in die erste Datenaffäre verwickelt. In dem neuerlich bekannt gewordenen Fall von Datenmissbrauch haben die Regionalbereiche von „DB Sicherheit“ Listen mit Krankheitsdaten von Bahn-MitarbeiterInnen geführt und diese Daten innerhalb des Konzerns weitergegeben. Dabei handelt es sich nicht um arbeitsplatzspezifische Daten, deren Haltung unter bestimmten Voraussetzungen gesetzlich erlaubt ist, sondern vielmehr um Gesundheitsdaten allgemeiner Natur. Nach Angaben der Bahn will man sich angeblich von den für diesen Datenangriff „verantwortlichen Mitarbeitern trennen“.

 

Österreich: Ministerium blockiert kritischen Journalisten

Wie sich Filtersysteme „kreativ“ zur Blockierung unerwünschter Web-Inhalte nutzen lassen, zeigt ein aktueller Fall aus Österreich. Die Website eines Journalisten, der sich kritisch mit der Politik des Justizministeriums auseinandersetzt, war für MitarbeiterInnen des Ministeriums vom einen auf den anderen Tag nicht mehr erreichbar. Stattdessen erhielten sie bei Aufruf der Website den Hinweis: „die von Ihnen angeforderte Seite enthält Inhalte aus den Bereichen Glücksspiel, Computerkriminalität, Pornografie, Soziale Netzwerke und Phishing“. Ergänzend wurde angedroht: „Internet-Zugriffe werden automatisch protokolliert und können im Falle eines konkreten straf- oder disziplinarrechtlichen Verdachtes ausgewertet werden“. Wie es der Zufall will, war just am Tag, an dem die Sperre eingerichtet wurde, der erste Teil einer Artikelserie des betroffenen Journalisten erschienen, in der dieser sich kritisch mit einer ganzen Serie von Verfahrenseinstellungen in der Zuständigkeit des Justizministeriums zum Vorteil von PolitikerInnen, ManagerInnen, AmtsärztInnen, RichterInnen, PolizistenInnen und StaatsanwältInnen auseinandersetzte. Das Ministerium bestritt jeden Zusammenhang und schob die Schuld – nach Protesten – auf einen im Bundesrechenzentrum installierten automatischen Filter. Da auch in der BRD solche Systeme – zunächst in Schulen, Behörden und Verwaltungen – immer mehr Einzug einhalten, wird es sicherlich nur eine Frage der Zeit sein, bis wir auch hierzulande über den ersten solchen Fall berichten werden.

 

Iran: Siemens stellt Repressionsmittel zur Verfügung

Während der jüngsten Unruhen im Iran spielten die neuen Kommunikationsmedien eine wichtige Rolle in der Verbreitung von regierungsfeindlichen Informationen und in der Koordination von Aktionen gegen das klerikal-terroristische Regime. Insbesondere Blogs, SMS und Twitter sind wichtige Medien für verschiedenste Widerstandsbewegungen. Dieser Gefahr ist sich die iranische Regierung seit längerer Zeit bewusst gewesen. Der staatlich kontrollierte iranische Netzwerkbetreiber TCI hat deshalb bereits im Jahr 2008 ein System in Auftrag gegeben, mit dem sich fast jede Form elektronischer Kommunikation überwachen und bewerten lässt. Den Zuschlag erhielt das System „Intelligence Platform“ des deutsch-finnischen Konzerns Nokia Siemens. Dieses System kann nach Angaben aus Firmenkreisen nicht nur das Netz, sondern auch den Telefonverkehr – der sich im Iran ebenfalls in staatlicher Hand befindet – überwachen. Durch Unterstützung von Nokia Siemens hat das Regime die Mittel an die Hand bekommen, Nachrichten auf Schlüsselworte hin zu durchsuchen, sie mitzulesen und ggf. sogar zu verändern. Auf Nachfrage erklärte der Konzern lapidar, man habe sich an alle Exportbeschränkungen gehalten; im Übrigen habe man solche Systeme bereits in mehr als 60 Ländern installiert.

 

Großbritannien: Eine Party, Facebook und die Folgen

Als George Orwell im Jahr 1948 seinen Roman „1984“ veröffentlichte, hatte dieser in seiner düsteren Zukunftsvision versucht, die Funktionsweise der faschistischen und stalinistischen Terrorregime seiner Zeit auf eine andere Art zu beschreiben. Er wird wohl weniger daran gedacht haben, dass ausgerechnet auf seiner Heimatinsel 60 Jahre später seine Visionen von Überwachungstechnologie und sozialer Kontrolle am weitesten fortgeschritten sein würden. Wir haben schon mehrfach darüber berichtet, wie die Behörden in Großbritannien die Freibriefe, die sie sich selbst mit einer Unzahl von „Antiterror“-Gesetzen ausgestellt haben, dazu nutzen, immer mehr gegen vermeintlich „sozial abweichendes Verhalten“ vorzugehen. Wie das funktioniert musste jüngst ein Mann namens Andrew Poole erfahren. Zur Feier seines 30. Geburtstages hatte er eine Grillparty auf einer Wiese bei Sowton in der Grafschaft Devon organisiert. Sein Fehler war, dass er diese Party über seinen Facebook-Account angekündigt hatte. Dort scannen mittlerweile auch britische Behörden mit. Die Polizei befürchtete offenbar eine nicht genehmigte Massenveranstaltung und rückte mit gepanzertem Mannschaftswagen und Hubschrauber an, während 15 Menschen Burger grillten. Als Begründung erklärte ein Polizeisprecher auf Nachfrage, in der Vergangenheit hätten sich solche Partys häufiger zu unkontrollierbaren Massenveranstaltungen entwickelt.

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