Babylon offline

babylohn.gif Seit dem 11. Juni ist das Babylon Mitte mindestens für die Dauer der Fussball-WM zum größten Teil geschlossen. Obwohl das Kino in seinen drei Sälen problemlos mehr als 15 Vorstellungen täglich Platz bieten kann, bricht das Programm während der WM auf bis zu drei Veranstaltungen pro Woche zusammen. Ob hier eine fußballbegeisterte Chefetage ihre Abende lieber vor dem Fernseher verbringt oder die Geschäftsführer Hackel und Grossman es einfach verpasst haben, rechtzeitig eine Public-Viewing-Lizenz zu beantragen, ist unklar. Fest steht: Die laufenden Kosten betragen monatlich mehrere zehntausend Euro, werden aber durch die jährlichen Zuwendungen des Senats von mittlerweile 350.000 Euro getragen. Unter solchen Bedingungen können Hackel und Grossman, die unter den verlorenen Prozessen der letzten Monate sicher zu leiden hatten, sorglos einen Monat ausspannen, um ihre Nerven zu beruhigen. Ob auch ihre Bezüge ruhen, darf bezweifelt werden.

Die meisten Beschäftigten haben in den Wochen der WM keine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Einige haben eingewilligt, bezahlten oder unbezahlten Urlaub zu nehmen, andere feiern Überstunden ab. Manche erfuhren offenbar erst Tage vor der Schließung von der Zwangspause. Der Vorschlag aus der FAU-Betriebsgruppe, zusätzlichen bezahlten Urlaub für die Zeit zu fordern, konnte nicht an die Erfolge bei der gemeinschaftlichen Ablehnung der zu Jahresanfang vorgelegten Knebelarbeitsverträge anknüpfen – zu gelegen kam vielen die Sommerpause.

Auch auf ein besonderes Highlight mussten Gäste und Beschäftigte des Babylon in diesen Wochen verzichten: Angela Davis stellte am 20. Juni die restaurierte Fassung der Dokumentation „Portrait of a Revolutionary“ vor. Nach ihrem Auftritt mit Gregor Gysi auf dem ND-Pressefest waren sie und der Film nicht etwa im Babylon zu sehen, dem nach wie vor enge Kontakte zur Partei Die Linke nachgesagt werden können. Das einst linke Kino hätte an diesem Tag mit zwei Nachmittags-Vorstellungen reichlich Raum bieten können. Die Herausgeber der „Bibliothek des Widerstands“, in der das Porträt erscheint, zogen es aber vor, Dokumentation und Protagonistin ein paar hundert Meter weiter bei der Konkurrenz zu präsentieren. Der Ruf des Babylon und vielleicht auch Erkundigungen der Veranstalter könnten ausschlaggebend für die Wahl des Veranstaltungsorts gewesen sein.

FAU-Betriebsgruppe Babylon Mitte

Schreibe einen Kommentar