Die Welle brechen

Blackwater-Gründer Erik Prince baue eine Söldnerarmee für die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) auf, meldete Mitte Mai die New York Times und sorgte damit auch in Deutschland für ein kurzes Rauschen im Blätterwald. Die Aufregung ist verständlich angesichts der blutigen Geschichte des Militärunternehmens Blackwater (u.a. Massaker an unbewaffneten ZivilistInnen im Irak) und der Nähe von Prince zur christlichen Rechten in den USA. Bisher ist folgendes bekannt: Die rund 800 Söldner werden derzeit in Abu Dhabi für die Niederschlagung von Unruhen und Aufständen, insbes. seitens der zahlreichen „Gastarbeiter“ aus Pakistan und Südostasien, trainiert. Die Machthaber in den Emiraten sehen in den MigrantInnen, die schlecht bezahlt und ohne bürgerliche Rechte sind, eine große Gefahrenquelle. Es wird spekuliert, ob die Aufstellung dieser Truppe auch im Zusammenhang mit Konflikten zwischen den Emiraten und dem Iran stehe.

Allerdings ist es nötig, die Entwicklungen in den VAE ein wenig zu relativieren. So sind diese Söldner bisher nicht zum Einsatz gekommen, und bereits heute besteht die staatliche Armee in den Emiraten z.T. aus ausländischen Soldaten, nicht zuletzt aus Pakistan. Die Offiziere werden in Großbritannien und den USA ausgebildet. Es handelt es sich also weniger um ein völlig neues Phänomen, sondern vielmehr um eine Ausweitung der bisherigen Praxis in den VAE.

Ebenso ist nicht zu erwarten, dass andere arabische Staaten ab jetzt verstärkt auf westliche Söldnerarmeen setzen werden – nicht zuletzt weil etwa der Einsatz von US-Söldnern gegen die eigene Bevölkerung dem jeweiligen arabischen Regime jegliche Legitimation rauben würde. Bisher setzen die Regimes im Nahen Osten und Nordafrika bei der Aufstandsbekämpfung und Niederschlagung von Unruhen mehrheitlich auf „einheimische“ Repressionsorgane.

Je nach Stärke und Ausprägung der Opposition werden unterschiedliche Apparate eingesetzt. Zunächst sind es die bekannten Akteure und Maßnahmen: Geheimdienste und Polizei halten Ausschau nach Oppositionsgruppen, die dann observiert und möglichst früh zerschlagen werden sollen. Wenn diese Maßnahmen nicht greifen und eine (bewaffnete) Opposition sich etablieren kann, werden staatliche Armeeverbände und paramilitärische Konterguerilla-Truppen eingesetzt, wie es schon im Algerischen Bürgerkrieg in den 1990er Jahren geschah. Dabei werden nicht selten von staatlichen Akteuren Verbrechen an der Zivilbevölkerung verübt, die dann der Opposition untergeschoben werden. Auch offene Aufstände in Städten werden mit militärischen Mitteln niedergeschlagen: So wurde 1982 die syrische Stadt Hama nach einer Rebellion der islamistischen Muslimbruderschaft von den Spezialkräften der syrischen Armee eingekesselt und zurückerobert. Bei den Kämpfen wurden 20.000 bis 30.000 Menschen getötet. Auch bei der gegenwärtigen Niederschlagung der Unruhen in Syrien werden wieder Spezialkräfte eingesetzt.

Solche Spezialkräfte bilden den loyalsten Teil der staatlichen Repressionsorgane. Sie dienen, neben der Bekämpfung der Opposition, auch dazu, das Regime gegen Putschversuche aus der Armee selbst zu schützen. Beispielhaft dafür sind die Republikanischen Garden in Syrien und Ägypten, die als einzige größere Militäreinheiten in den jeweiligen Hauptstädten positioniert sind.

Auch bei den gegenwärtigen Revolten in der arabischen Welt greifen die Regime auf „einheimische“ Repressionsorgane zurück. Aufstandsbekämpfung durch ausländische Truppen, seien es Söldner oder reguläre Soldaten, ist in relevantem Umfang nur in zwei Fällen zu beobachten: So wird seitens der Rebellen und einiger politische Beobachter dem libyschen Regime vorgeworfen, Söldner aus anderen afrikanischen Staaten einzusetzen, um die Proteste niederzuschießen. Besser dokumentiert ist der zweite Fall: Nach Massenprotesten rief die Regierung in Bahrain Mitte März den Ausnahmezustand aus und bat Saudi Arabien und die VAE um militärische Unterstützung. Die beiden Golfstaaten schickten 2.000 Soldaten und Polizisten, wobei jedoch unklar ist, ob diese sich an der Niederschlagung der Proteste beteiligten oder lediglich zum Schutz der Erdölanlagen eingesetzt wurden.

Bisher sind staatliche Akteure führend im blutigen Geschäft der Aufstandsbekämpfung. Dies wird wohl, jenseits spektakulärer Fälle, auch in den nächsten Jahren so bleiben. Für die Revoltierenden dürfte es ohnehin wenig ausmachen, ob ein „einheimischer“ Soldat oder ein ausländischer Söldner den Knüppel schwingt oder den Abzug betätigt.

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