Der große Bruder schaut dich an

logo_grosser_bruder.jpgWeitere Details des
Überwachungsskandals von Dresden

Am 19. Februar hatten ca.
20.000 Menschen gegen einen der größten Naziaufmärsche Europas und
den deutschen Opfermythos in Dresden demonstriert. Dabei wurden die
TeilnehmerInnen systematisch ausgehorcht und überwacht. 896.000
Gespräche und SMS-Mitteilungen wurden von der Polizei ausgewertet
(die DA berichtete). Mittlerweile musste der damalige
Polizeipräsident, Dieter Hanisch, wegen des Überwachungsskandals
sein Amt räumen – ein Bauernopfer. Denn mittlerweile sind gemäß
der bewerten Salamitaktik weitere skandalträchtige Details bekannt
geworden.

Wie der Spiegel
berichtete, wurde neben der Handyüberwachung auch ein Schrieb an
sämtliche Busunternehmen verschickt, worin diese aufgefordert
werden, umfangreiche Informationen über die Fahrgäste preis zu
geben. So sollten Auskünfte darüber erteilt werden, wann, wer, wo
zu- und ausgestiegen ist, welche Transparente mitgeführt wurden und
worüber sich die Busreisenden unterhalten haben. Außerdem sollten
Mietverträge und Kopien von Ausweisen der Kunden der Polizei
übermittelt werden. (AL)

 

Funkzellenauswertung
bereits im Vorfeld von Heiligendamm eingesetzt

Die umfangreiche
Handydaten-Überwachung, wie sie im Rahmen der Anti-Nazi-Proteste in
Dresden stattfand, war kein Einzelfall. Bereits im Vorfeld der
Anti-G8-Proteste in Heiligendamm wurde eine sog. Funkzellenauswertung
durch die Bundes- und Landesbehörden vorgenommen. Ähnlich der
Rasterfahndung werden dabei nicht mehr nur noch einzelne
Protestaktionen überwacht, sondern gleich der Versuch unternommen,
eine ganze Bewegung für die Ordnungsmacht transparent zu machen.

Im Oktober 2005 wurde ein
G-8-Vorbereitungstreffen der „undogmatischen Linken“ durch das
Bundeskriminalamt mit Hilfe von auf Vorrat gespeicherten
Mobilfunkdaten dazu genutzt, alle BewohnerInnen und BesucherInnen zu
protokollieren, die sich innerhalb von drei Tagen in der Gegend
aufhielten. Auf einem zweiten großen Mobilisierungstreffen im Januar
2006 in Berlin wurden die AktivistInnen per Funkzellenauswertung
ausgehorcht.

Um in solchen Fällen
auch rechtlich grünes Licht zu bekommen, wird dabei gerne ein
Ermittlungsverfahren wegen „Bildung einer terroristischen
Vereinigung“ initiiert. So auch im Mai 2007, wo auf Grundlage
dieser Annahme eine groß angelegte Razzia gegen Aktivposten der
G8-kritischen Bewegung durchgeführt wurde. 40 Wohnungen und Büros
in Berlin, Bremen, Hamburg und dem Land Brandenburg wurden
durchsucht. Das Ermittlungsverfahren wegen der „Bildung einer
terroristischen Vereinigung“ wurde nach der Aktion wieder
eingestellt. (AL)

 

EU
= Europäische Überwachungsunion?

Die
EU hat ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet. Sie bemängelt,
dass eine verbindliche Richtlinie der EU zur Vorratsdatenspeicherung
hierzulande noch nicht umgesetzt wurde. Jetzt soll Deutschland eine
Stellungsnahme verfassen. Grund für die bisherige Nicht-Umsetzung
ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im März 2010, mit
der die Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärt
wurde. Zur Unterstützung der Strafjustizsysteme und der
Strafverfolgung sollen laut EU-Vorgaben Telefon- und
Internetverbindungsdaten mindestens sechs Monate gespeichert werden.
Bei Handy- und SMS-Kontakt soll sogar der jeweilige Standort
nachvollziehbar werden. Die Bürgerrechte werden eingeschränkt, wenn
Polizei und Staatsanwaltschaft Bewegungsprofile erstellen,
geschäftliche und private Beziehung rekonstruieren können. Derzeit
werden die europäischen Vorgaben überarbeitet.
Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) weigert sich
die Richtlinien umzusetzen, bis die neuen Regelungen beschlossen sind
– im Gegenteil zu CDU und CSU, die ein neues Gesetz zur
Vorratsdatenspeicherung fordern. (CS)

 

iPhone
sammelt Geodaten

Die
weiße Weste von Apple hat Flecken bekommen: Wie die Entwickler
Alasdair Allan und Pete Warden aufdeckten, speichert das Apple-iPhone
Daten, wo sich wann der User bzw. das Smartphone aufgehalten hat.
Bekannt wie skandalös ist, dass jedes Mobiltelefon Geodaten
speichert – über GPS, die Analyse der in Reichweite befindlichen
Sendemasten oder durch die Ortung der privaten und öffentlichen
Wi-Fi-Netze. Das iPhone gibt aber nicht nur aktuell Auskunft über
den Ort des Users, es speichert diese Daten über Monate hinweg,
nicht nur auf dem Mobilgerät selbst, sondern auch auf der
Festplatte, sofern eine Verbindung zum heimischen Rechner besteht.
Irritierend ist dabei zudem, dass diese Geodaten nicht einmal immer
stimmen müssen. Das iPhone speichert auch Geodaten von Orten, wo der
User nie war.

Was
macht Apple mit diesen Daten? Die Aufdeckung der Speichermodalitäten
führte zu einer Welle der medialen Empörung. Das Computermagazin
Macwelt
berichtete, in der südkoreanischen Stadt Changwon hätte eine
Kanzlei im Namen von 26.691 Betroffenen eine erste Sammelklage
eingereicht. (AL)

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