Der große Bruder schaut dich an

Big Brother…und
plant die Massenüberwachung.

Das sieht jedenfalls ein
Forderungskatalog des Ex-Bundesinnenministers vor, der für die Koalitionsverhandlungen
erstellt worden ist. Neben „mehr Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen“ und
einem erneuten Vorstoß zur „Vorratsspeicherung von Daten“ geht es um den Ausbau
der Telekommunikationsüberwachung an deutschen Internetknotenpunkten.

Einer der weltweit größten
Netzknoten, der DE-CIX (German
Commercial Internet Exchange
), befindet sich in Frankfurt am Main. Praktisch alle großen
Internet Service Provider sind daran angebunden. Bis jetzt kann der BND solche
Knoten für Auslandsüberwachungen nach bestimmten Wörtern durchsuchen, wobei
diese Möglichkeit eng begrenzt ist. Würden wie geplant komplette Netzknoten
überwacht, könnte die Internetkommunikation von Personen lückenlos
nachvollzogen werden, egal ob über WLAN, Smartphone oder Internetcafé gesurft
wird. Technisch wäre dies inzwischen machbar, weshalb Sicherheitsbehörden
entsprechenden Druck ausüben. „Das wäre NSA pur“, so Ulrich Maurer, Mitglied
der G10-Komission, einem 4-köpfigem Gremium, das die Überwachungsmaßnahmen der
Geheimdienste prüft – was bei Umsetzung der Pläne in Anbetracht der Menge der
Daten nicht mehr möglich wäre. 70% der Deutschen interessiert die mögliche
Überwachung ihrer privaten Internetkommunikation nicht. Man habe ja nichts zu
verbergen. Ex-Bundesinnenminister Friedrich zum Thema: „Datenschutz wird ein
wichtiger Punkt sein.“

…und
vernetzt Kontrollzentren.

Das neue Überwachungssystem der
EU, EUROSUR (European
Border Surveillance System
), ist Anfang Dezember gestartet. Hiermit soll Ausspähen der
EU-Außengrenzen, vor allem des Luftraums und des Mittelmeeres, noch effektiver
gestaltet werden. Dafür werden die „nationalen Kontrollzentren“ der EU-Staaten
miteinander vernetzt. Die Kommandozentrale des Netzwerks befindet sich am
Hauptsitz der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX in Warschau. Diese kann nun die
Daten, die sie beispielsweise durch Satellitenaufklärung der nationalen
Grenzüberwachungssysteme nahezu in Echtzeit erhält, nach eigenem Ermessen an
die Kontrollzentren andere Staaten schicken. Hierbei kann jeder Staat selber
beschließen, welche der Daten für polizeiliche oder militärische Mitteilungen
verwendet werden und beispielsweise Kooperationen mit anderen Staaten zum
gegenseitigen Datenaustausch beschließen. An EUROSUR angeschlossen sind
zunächst 19 EU-Mitgliedsstaaten. In einem Jahr sollen sämtliche weiteren
EU-Staaten, darunter die BRD, sowie Island, die Schweiz und Liechtenstein
hinzukommen.

Aus den ausgetauschten
Informationen soll FRONTEX außerdem Statistiken erstellen, auf deren Grundlage
Prognosen und Risikoanalysen vernommen werden. Nach eigener Angabe diene
EUROSUR zur Verfolgung internationaler Kriminalität und zur Rettung von
Schiffbrüchigen. Allerdings ist FRONTEX zunächst mit der Prognose von
Flüchtlingsströmen befasst – und meldete Anfang Dezember, dass aufgrund des neu
aufgerüsteten Mittelmeeres neue Routen entstanden sind, unter anderem über die
spanischen Enklaven Ceuta und Melilla.

…und
kontrolliert automatisiert.

Die automatische Abfertigung
von Passagieren bei der Ein- und Ausreise an deutschen Flughäfen soll Ende 2014
starten. Für das sogenannte ABC-System (Automated Border Control System), das die Grenzkontrollen
effektiver gestalten soll, werden zunächst 90 elektronische Durchgangsschleusen
in den Flughäfen in Frankfurt, München, Düsseldorf und Hamburg installiert.
Beauftragt mit der Umsetzung sind die Berliner Bundesdruckerei und die Essener
Secunet, die sich bei der entsprechenden europaweiten Ausschreibung gegen die
Konkurrenz durchgesetzt haben.

Die ABC-Gateways besitzen ein
Lesegerät, in das der Passagier einen elektronischen Reisepass der ICAO-Norm,
einen neuen Personalausweis (nPa) oder einen elektronischen Aufenthaltstitel
(eAt) schiebt, bevor er oder sie durch einen Gang geht, an dessen Ende sich
eine Kamera befindet. Diese vergleicht das Gesicht des Passagiers mit dem
biometrischen Foto des jeweiligen Ausweisdokuments. Den Grad der
Übereinstimmung sehen Grenzbeamte hinter der Schleuse auf einem Balken.
Parallel werden die auf dem Ausweisdokument gespeicherten Informationen ausgelesen
und es läuft ein Datenbank-Check ab, um festzustellen, ob der Passagier
besonders geprüft werden muss. Dann öffnet sich die Tür der Schleuse und der
oder die Reisende wird entweder zur weiteren Prüfung zu Grenzbeamten gelotst
oder kann weitergehen. So sollen GrenzbeamtInnen vier Schleusen gleichzeitig
überwachen können.

Geplant ist außerdem, für
Vielreisende ein Fingerabdrucksystem in die automatische Grenzkontrolle zu
integrieren. Auch Iris-Kontrollen stehen zur Debatte. Der Dachverband der
Fluggesellschaften IATA träumt sogar von Sensoren, die sich in den Wänden der
Schleuse befinden und zum Beispiel Metallspuren und Flüssigkeiten erkennen oder
die Pheromone des Reisenden messen, um festzustellen, ob er oder sie besonders
nervös ist.

 Zusammenstellung: Laura Fischer

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