Gesetz beendet Arbeitskampf in Island

2100 Krankenpfleger_innen arbeiten auf der skandinavischen Insel, der Großteil davon im Universitätsklinikum Landspítali in Reykjavik. Seit Beginn der Weltwirtschaftskrise 2008 leidet das medizinische Pflegepersonal unter rabiaten Einschnitten im Gesundheitssystem, die die Arbeit spürbar belasten. Patient_innen werden übereilt entlassen und das Arbeitspensum ist angestiegen. In der Bezahlung hat sich diese zusätzliche Anstrengung freilich nicht niedergeschlagen. Die Entlohnung als Krankenpfleger_in liegt in Island weit unter der von Berufen mit ähnlichen Qualifikationsansprüchen. Im Umfeld der Mindestlohnstreiks im Frühjahr, die zeitweise ein Drittel der Lohnabhängigen Islands auf die Straße trieben, kamen auch beim Pflegepersonal Forderungen nach deutlich besserer Entlohnung auf. Nachdem die Verhandlungen scheiterten, rief am 27. Mai auch die isländische Gewerkschaft der Krankenschwestern (FIH) zum Streik auf. Anstatt jedoch die laufenden Verhandlungen schnell zu einen Ergebnis zu führen und den Versorgungsnotstand so zu beheben, setzte die isländische Regierung auf Repression. Am 14. Juni verabschiedete das Parlament ein Gesetz, um die Krankenpfleger_innen zurück an die Arbeit zu zwingen. Streiks wurden verboten und eine Schlichtung bis zum 1.Juli angeordnet. Die Befürchtungen des Vorsitzenden der FIH, das Gesetz werde nur Öl ins Feuer gießen, bewahrheitete sich bereits am Tag nach der Verabschiedung. Ihrer stärksten Waffe in den Tarifauseinandersetzungen beraubt, reichten über 90 Pfleger_innen im Universitätsklinikum Reykjavik aus Protest ihre Kündigung ein. Etliche weitere taten es ihnen in den folgenden Tagen gleich. „Ich bin angespuckt, angekotzt, angepinkelt und angeschissen worden. Davon habe ich nichts persönlich genommen. Das ist einfach ein Teil meiner Arbeit. Einer Arbeit die ich liebe! Diese Gesetze hingegen, die nehme ich sehr persönlich. Ich glaube, das ist der größte Mist mit dem ich je beworfen worden bin.“, äußerte eine Krankenschwester in einer Facebookgruppe. Unter dem Druck des Streikverbotsgesetzes unterzeichnete die FIH am 23.Juni einen Tarifvertrag, der Lohnerhöhungen um 18,6% bis 2018 vorsieht. Die Schließung der geschlechtsabhängigen Gehaltslücken, Arbeitszeitfragen und die höhere Wertung der Bildungsabschlüsse in der Berufsausbildung fielen unter den Tisch. Diese Themen können nach Ablauf des Tarifvertrags, in 4 Jahren, erneut diskutiert werden. Die Pfleger_innen zeigten dem Tarifvertrag die kalte Schulter. Bei der Urabstimmung am 15.Juli sprachen sich 88,4% dagegen aus. Ob es deswegen weitere Proteste geben wird scheint dennoch unwahrscheinlich, auch weil das Bezirksgericht Reykjavik das Streikverbotsgesetz für verfassungskonform erklärte und die Klagen dagegen scheitern ließ.

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