Drei Jahre Sektion Altenpflege in Köln

Im Frühjahr 2012 wurde von einem Altenpflegehelfer im Allgemeinen Syndikat Köln (FAU-IAA) die Sektion Altenpflege gegründet. Die Motivation war, direkt als Fachbereich in der Gesundheitsindustrie aktiv zu werden, ohne ein eigenes Branchensyndikat gründen zu müssen.

Am Anfang war der Streik

Die Gründung fand während der Tarifauseinandersetzungen der reformistischen Dienstleistungsgewerkschaft verdi im Öffentlichen Dienst statt. Als Mitglied einer nicht-tariffähigen Basisgewerkschaft eröffnete sich die Möglichkeit, im gemeinsamen Arbeitskampf mit verdi-Mitgliedern eigene Forderungen auf die Straße zu tragen und mit Unterstützung anderer FAU-Mitglieder aktive Solidarität zu zeigen. Leider gab es in jener Tarifrunde nur zwei eintägige Warnstreiks, aber wenigstens konnte die Syndikatskasse das Streikgeld problemlos auszahlen. Am Ende gab es dann eine Lohnerhöhung von 50 Euro…

Solidarität jenseits nationaler Grenzen

Danach bildete die grenzüberschreitende Solidarität mit Arbeitskämpfen im Gesundheitswesen einen wichtigen Schwerpunkt, wie z.B. beim Generalstreik der italienischen Basisgewerkschaften 2012. Auch während einer europäischen Aktionswoche zur Verteidigung der öffentlichen Gesundheitsversorgung wurde eine kleine Unterstützungsaktion organisiert. In mehreren Ländern hatten Initiativen und Basisgewerkschaften (wie die spanische CNT-IAA) gegen die fortschreitende Privatisierung und Kommerzialisierung der Gesundheitssysteme protestiert. Diese wird besonders von der neoliberalen Politik der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds vorangetrieben.

Pflegenotstand als Dauerkrise

Angesichts der Wirtschaftskrise sollen die Behandlungs- und Vorsorgeleistungen in der Gesundheitsbranche weiter gekürzt und die Kosten auf die Bevölkerung abgewälzt werden. Das Fehlen ärztlicher und pflegerischer Fürsorge sowie eine mangelhafte Grundversorgung, lange Wartezeiten und hohe Eigenbeteiligungen führen vermehrt zu Erkrankungen und Todesfällen. Mit der Schließung „unwirtschaftlicher“ Krankenhäuser und sozialer Einrichtungen werden lebenswichtige Bereiche dem Glauben an die Marktwirtschaft geopfert.
Niedriglöhne, Befristungen, Werkverträge, Teilzeit- und Leiharbeit bestimmen den prekären Alltag der beruflich Pflegenden. Auch die Angehörigen, welche den Großteil der Pflegearbeit leisten, sind mit ihren Kräften fast am Ende. Durch das Anwerben unterbezahlter Kolleg*innen aus dem Ausland wird die Situation dort nur verschlimmert, der deutsche Pflegemangel wird bloß ausgelagert. Umso wichtiger ist es, sich am Arbeitsplatz kritisch einzubringen, z.B. mit individueller Beratung zu Gesundheitsschutz, Urlaubs- und Arbeitszeit, Zeugnisrecht oder Weiterbildung.

Streiks und Besetzungen

Fotos: FAU Köln

So ist es höchst erfreulich, im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit für die Sektion Altenpflege auch auf Streiks kämpferischer Belegschaften aufmerksam machen zu können, z.B. im Krankenhaus San Raffaele in Mailand (USI-IAA). Auch der erfolgreiche Streik im Krankenhaus der polnischen Stadt Belchatow, den die ZSP-IAA kürzlich geführt hat, sollte erwähnt werden. Dass auch Hausbesetzungen zu den direkten Aktionen in der Pflege gehören, zeigte sich sowohl 2012 im Berliner Senior*innen-Treffpunkt Stille Straße wie auch im Jahr darauf beim Pflegeheim Dr. Sarphatihuis in Amsterdam. Beide Aktionen waren für die Sektion Anlass zu öffentlichen Solidaritätserklärungen.

Pflege am Boden

Die Arbeit in der Kranken- und Altenpflege wird körperlich und seelisch immer belastender: Arbeitskräftemangel, Zeitdruck, Unterbezahlung und Geringschätzung der Tätigkeit prägen den Alltag der Meisten. Auf Dauer machen sich psychische Leiden und Muskel-Skelett-Erkrankungen bemerkbar – eine Besserung der Rahmenbedingungen ist nicht in Sicht. Dagegen hat sich Ende 2013 bundesweit die unabhängige Initiative „Pflege am Boden“ gegründet, die monatlich lokale Flashmobs gegen den Pflegenotstand organisiert.

In Köln legen sich etwa 10-30 Leute zu den Terminen vor das Domportal zwischen die Tourist*innen. Seit 2014 ein zweites Mitglied der Sektion beigetreten ist, beteiligen wir uns gemeinsam an den Aktionen. Aus Rücksicht auf die organisatorische Neutralität treten wir dort aber nicht als FAU-Mitglieder auf, berichten jedoch auf unserem Blog.Für die Zukunft planen wir eine Veranstaltung zu entlohnter und unbezahlter Reproduktionsarbeit, welche das Konzept der Care-Revolution [siehe DA 223] miteinbezieht.

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