Lieber Urlaub als Bowling

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Mittwochabend in der glühenden Julisonne. 40 Menschen haben sich gerade zur Kundgebung versammelt, schon zeigt sich zur Überraschung der Teilnehmenden der Adressat des Protests. Es handelt sich um den Chef eines ehemaligen Aushilfskellners, welcher sich in dem Arbeitskonflikt offene Zahlungsansprüche erkämpfen will. In einer fünfminütigen Rede, die wohl alle zunächst überrumpelt hat, beleidigt er den Ex-Kellner, dieser hätte schlechte Arbeit geleistet, fragt sich warum dieser nie das Gespräch mit ihm gesucht hätte, um dann im nächsten Moment jeglichen Dialog mit der Gewerkschaft eine Absage zu erteilen, und jammerte, dass auch er als Arbeitgeber Rechte hätte – und verschwindet wieder in seinem Bowlingcenter. Was ist da geschehen?

Es geht um einen ehemaligen Aushilfskellner, welcher in dem Bowlingcenter „Bowling Star Halle“ als Minijobber beschäftigt war. Dieser hatte nun schriftlich innerhalb der ihm zustehenden einmonatigen Frist gekündigt. In seinem Kündigungsschreiben erhob er Anspruch auf Urlaubsentgelt und die Begleichung unbezahlter Arbeitszeit. Als er zur nächsten Schicht nach der Kündigung beim Bowling Star erschien, wurde er umgehend wieder nach Hause geschickt mit dem deutlichen Hinweis, dass er auf der Bowlingbahn gar nicht mehr zu erscheinen bräuchte. Er wurde also fristlos und „kalt“ gekündigt. Als dann einige Tage später die vorzeitige Abmeldung von der Sozialversicherung einflatterte war klar: Die Geschäftsführung gedenkt ihre Minijobber*innen so zu entlassen, wie sie das selbst gerade für angebracht hält – willkürlich. Eine Mitteilung darüber scheint ihr nicht nötig zu sein.Der inzwischen ehemalige Kellner schaltete daraufhin die FAU Halle ein und erzwang so immerhin eine Antwort seines Chefs, in der es heißt: „Der Arbeitgeber und auch der Arbeitnehmer können das Arbeitsverhältnis ohne schriftliche Kündigung und ohne Kündigungsfrist beenden. […] Woher Herr N. die Kündigungsfrist von einem Monat begründet ist uns unklar“. Zu den offenen Ansprüchen weiter kein Wort. Diese wurden später nach einer Fristsetzung durch die FAU ohne Angabe von Gründen zurückgewiesen.

Aktion der FAU Halle vom 1. Juli

Das konnten die Gewerkschaft und der Betroffene nicht auf sich sitzen lassen. Nach einem erneuten (wie sich später zeigen sollte nur scheinbar) unbeantworteten Verhandlungsangebot ging die FAU in die Offensive. Sie setzte die Öffentlichkeit rund um den Bowling Star in Kenntnis, reichte Klage vor dem Arbeitsgericht ein und rief am 01.07. zur Kundgebung vor dem Bowlingcenter auf. In kurzer Zeit konnten 40 Menschen, darunter solidarische Genoss*innen aus Dresden und Leipzig, mobilisiert werden.Eine überraschende Wendung wurde dem Konflikt vermutlich durch den Poststreik gegeben. Durch diesen erreichte die FAU Halle ein Brief der Anwältin der Geschäftsführung mit einem Monat Verspätung, in dem sie die Gewerkschaft zu Verhandlungen mit ihr, nicht mit dem Chef, auffordert. Ein Angebot auf das die FAU gewartet hatte und dessen verzögertes Eintreffen den Konflikt ein gutes Stück hat eskalieren lassen. Ob die Anwältin auf erneute Verhandlungsangebote seitens der Gewerkschaft eingeht, ist bisher unklar. Ansonsten ist zum derzeitigen Zeitpunkt der Termin für die Güteverhandlung im Arbeitsgericht auf den 25.09. festgelegt.Neben dem Einzelfall zeigt sich hier deutlich ein typisches Verhalten. Unwissenheit der meisten Minijobber*innen über ihre Rechte, aber auch, wie sich hier besonders zu zeigen scheint, eine offenbar völlige Unwissenheit einiger Arbeitgeber*innen. Gespräche rund um den Konflikt und die stattgefundene Kundgebung zeigen ein großes Potenzial der FAU, hier Menschen über ihre Situation und ihre Rechte wirklich nachhaltig informieren zu können. Ein positives Ende des Konfliktes könnte vielleicht auch weitere Menschen in Halle ermutigen, diese Rechte tatsächlich zu erstreiten.

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